//--> Theater im Netz ... Netz im Theater
Was im Theater nicht passieren kann:
Die Abwesenheit leibhaftiger Menschen;
ein vertikaler Handlungsverlauf;
mehrere Orte gleichzeitig;
ein paralleler Ablauf von Zeit.

Was im Internet nicht passieren kann:
Die Anwesenheit leibhaftiger Menschen;
ein linearer Handlungsverlauf;
lediglich ein Ort;
ein chronologischer Zeitablauf
Was liegt näher, als diese beiden Medien miteinander zu verknüpfen?
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Chattheater
Ein Spiel mit Text, Sprache und Handlung auf der Bühne und im Internet

Ausgehend von den oben genannten Überlegungen (Ausführliche Beschreibung) erscheint es uns sowohl inhaltlich als formal notwendig, daß sich Theater mit dem großen Komplex Internet auseinandersetzt. Neben erarbeiteten Konzepten (Leonce und Lena von G.Büchner als Hypertext und auf der Bühne), die Internet live auf die Bühne holen, um zwei unterschiedliche Kommunikationsformen in Konfrontation und damit auch in einen kreativen Prozeß treten zu lassen, wollen wir mit dem folgendem Konzept einen umgekehrten Weg gehen.

Die Idee

In diesem Fall sollen die Textkomplexe im Internet selbst entstehen, um dann auf der Bühne leibhaftig gemacht zu werden. Das bedeutet, daß Texte in einem virtuellen Raum entstehen, die nicht von einer übergeordneten Handlung ausgehen, die Autoren kennen weder das Gesamtkonzept der anderen Autoren, noch können sie ein eventuell selbst erstelltes Gesamtkonzept durchsetzen. Sie vertreten lediglich die Figuren, die sie im Internet auftreten auftreten lassen. Sie werden dort die Figuren der anderen Autoren treffen. Ob und auf welche Art eine Geschichte entsteht ist von der Fähigkeit der Autoren, auf die anderen anwesenden Figuren einzugehen, abhängig. Sie sind dabei ganz den Kommunikationsbedingungen des Internets unterworfen. Egal ob die Autoren eine oder mehrere fiktive Figuren erfunden haben, oder ihre wahre Identität vertreten, sie werden immer auf die Grundbedingung zurückgeworfen, daß im endeffekt doch leibhaftige Menschen miteinander kommunizieren. Deshalb ist es auf jeden Fall, egal, welche Form die Kommunikation haben wird, möglich, die aufgezeichnete Internetkommunikation auf eine für das Theater spezifische Art und Weise, auf die Bühne zu holen. Die Inszenierung eines Internettextes wird sich zwar mit den internetspezifischen Formen auseinanderzusetzen haben, versucht aber nun, eine Geschichte nach den Regeln des Theaters zu erzählen. Das dabei entstehende Produkt wird uns im besten Falle in eine seltsame Welt zwischen Realität und Virtualität entführen. Dennoch werden wir immer wieder auf eine Bedingung zurückgeworfen; es dreht sich alles um das menschliche Dasein. Unser Projekt Chattheater wird in drei Arbeitsschritten vor sich gehen, die auf verschiedene Arten alle von zuschauern live eingesehen werden können.

1. Entstehungsphase

In einem Chat (Beispiel) wird eine vorher definierte Gruppe miteinander über einen Zeitraum von ungefähr einer Woche miteinander schreiben (variable Anordnung -). Die Gruppe könnte aus beliebigen Internetusern, der Bevölkerung einer Stadt, oder einer Auswahl von Autoren bestehen. Der Chat wird eine Kombination aus qualifiziertem (d.h., daß eine Zugangsvoraussetzung wie Paßwort etc. notwendig ist) und freiem Zugang sein (die Anzahl der zusätzlich auftrentenden Chatter ist begrenzt). Der Chat wird über den gesamten Zeitraum von außen einsichtig sein. Es wird so wenig Regeln und Vorgaben wie möglich geben. Den Chat unter ein Thema zu stellen, wäre jedoch möglich (Beispiele für Chattexte).

2. Bearbeitungsphase

Die nun entstandenen und aufgezeichneten Chatlogs werden nun von uns bearbeitet. Das bedeutet, daß aus einer Masse von Text eine theatrale Fassung erstellt wird. Wir werden uns dabei auf Streichungen und Umstellungen beschränken. Den Chatlogs wird kein weiterer Text hinzugefügt. Dieser Arbeitsschritt wird ein- bis zwei Wochen dauern (diese Zeit ist abhängig von Der Dauer der Aufführung) und wird in einzelnen Schritten im Internet veröffentlicht werden. Die fertiggestellte Fassung kann ebenfalls jederzeit im Internet abgerufen werden. (Beispiele für Strichfassungen)

3. Einstudierung und Aufführung

In der letzten Phase (Dauer von der Länge der Aufführung abhängig), wird das Stück mit Schauspielern erarbeitet. Diese Arbeit wird sich nach dem Konzept richten, welches in der Bearbeitungsphase neben der Textarbeit entstanden ist. Die Anzahl der Schauspieler richtet sich nach der Anzahl der möglichen Chatteilnehmer. Das bedeutet, daß die mitwirkenden Figuren nicht mit der Anzahl der Schauspieler aber mit der Anzahl der gleichzeitig Agierenden übereinstimmen muß. Auch sind die Schauspieler schon vorher bestimmt worden. Es muß also das Alter, behauptetes Aussehen und die persönlichen Eigenschaften der Figuren nicht mit denen der Schauspieler übereinstimmen. Der Bühnenraum ist ebenfalls schon im Vorfeld entwickelt worden. Er richtet sich konzeptionell nach den Bedingungen des Chats, muß also verschiedene Ebenen der Kommunikation und die unterschiedlichsten erdachten Spielplätze eröffnen können. Das findet immer live auf der leibhaftigen-, der zweidimensonalen Film- und der Schattenrissebene statt (Fotobeispiele für das Spiel auf mehreren Ebenen. (Die Konzeption des Bühnenraums wird sich grob nach den Kriterien richten, die wir bereits bei ähnlichen Projekten, wie dem Kampf der Autoren innerhalb des Stuttgarter Filmwinters 2000 oder dem Chattheater in Deutschlandsberg, im Rahmen des steirischen herbsts 2000 entwickelt haben). Die Kostüme werden konzeptionell ebenfalls im Vorfeld entworfen, allerdings sind hier, wie bei den Requisiten bis zum Schluß der Arbeit noch Modifikationen möglich. Das Ziel ist eine Aufführung, die wiederholbar ist.